Es gibt Momente, in denen sich unvermutet das Universum auftut. Eine kleine, freundliche E-Mail, und zack! haste Erkundungspläne für tausend Tage.
Ich schrieb unlängst an die Rheinische Gartenarche. Das ist ein Verein aus Köln, der Obst- und Gemüsesorten aus der Region erhalten möchte. Das Prinzip ist einfach. Wer einen Garten oder eine geeignete Nutzfläche hat, übernimmt die Patenschaft für eine Pflanzensorte. Mit der Patenschaft geht die Verpflichtung einher, diese Pflanze über eine bestimmte Zeit hinweg anzubauen, zu vermehren, Saatgut zu gewinnen und an andere weiterzugeben. Der Pflanzenpate beobachtet sein Pflänzchen und macht sein Wissen zugänglich.
Wozu das gut ist? Versucht mal, Bamberger Hörnchen zu kaufen! Oder Teltower Rübchen! Es gibt sie kaum noch. Für den industriellen Anbau sind sie nicht geeignet. Es sollte sie trotzdem geben. Das wird bestätigen, wer mal Bamberger Hörnchen auf dem Teller hatte. Oder Teltower Rübchen.
Ich wohne leider nicht in der Kölner Gegend und fragte deshalb zaghaft an, ob ich trotzdem mitmachen darf, und ob es Vergleichbares auch in Berlin und Brandenburg gäbe. „Schauen Sie sich doch mal auf der Seite des VERN e.V. und bei Social Seeds aus Berlin um. Natürlich kann ich Ihnen gerne eine rheinische Sorte in die Hauptstadt schicken“, schrieb mir Frau Eschmann.
VERN e.V. steht kurz für Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen und macht in Brandenburg, was die Gartenarche im Rheinland unternimmt. Nur in groß. VERN hat einen eigenen Lehrgarten, unterhält ein Saatgutarchiv, verfügt aber auch über ein dichtes Netz an Schau- und Lehrgärten in ganz Brandenburg. Saatgut historischer Sorten kann über die Webseite bezogen werden, Jungpflanzen gibt es im Frühjahr im Direktverkauf. Außerdem bietet VERN e.V. Kurse zum Thema Saatgutvermehrung an.
Für alle, die es eine Nummer kleiner mögen: Social Seeds e.V. arbeitet mit VERN e.V. zusammen und hat sich der Kulturpflanzenvielfalt in den Berliner Gemeinschaftsgärten verschrieben. Einer der bekanntesten ist der Prinzessinnengarten am Moritzplatz. In Gemeinschaftsgärten kann sich engagieren, wer keinen eigenen Garten hat und dort gemeinsam mit anderen auf verschiedensten Wegen zur Erhaltung der Pflanzenvielfalt beitragen.
„Melden Sie sich einfach nochmal, wenn Sie wissen, wie Sie weiter vorgehen möchten“, schloss Frau Eschmann ihre Mail. Ich denke, ich weiß das jetzt. Ich möchte die Patenmutti einer Bohne aus dem Rheinland werden und lernen, wie man Saatgut ordnungsgemäß vermehrt. Ein paar alte Sorten aus den Beständen des VERN e.V. schaden meinem Garten sicher auch nicht. Den Gartenpodcasts des kommenden Jahres sage ich bizarre Wendungen voraus. Damit kommt ihr aber klar, oder?