[podlove-web-player]
Der 3. Teil des Obstgartenbuches ist instruktiv, hat aber seine Längen. Wer käme auf die Idee, Astgabeln und Zweigeszweige wortreich zu umschreiben, statt eine hübsche, übersichtliche Grafik einzufügen? Kann ich euch sagen: Otto Nebelthau. Aber der war ja auch Schriftsteller und nicht Maler. Wir geraten also hart an die Grenze des durch Worte Darstellbaren. Slapstick ist der Abschnitt über das richtige Anlegen der Leiter, wobei man sich klar machen möge, dass die Aluminium-Klappleiter noch nicht erfunden war. Gefährlich war seinerzeit das Gärtnerleben! Abschließend gibt´s Gartenunterricht: Die Wasserversorgung des Baumes wird unter dem Stichwort "Saftstrom" unwissenschaftlich, aber doch irgendwie ganz reizend erklärt. Wir erfahren die Namen der Zweige, an denen sich später im Jahr Früchte bilden. Die heißen Fruchtspieße, Fruchtruten, Fruchtkuchen, Ringelspieß und Ringelwuchs und müssen immer dran bleiben.
Eine hübsche, übersichtliche Grafik aus dem Inneren eines Baumes – Eine häßliche, aber ebenfalls übersichtliche Grafik aus einer Baumschule: Was kann ab, was bleibt dran? – Was ist eigentlich ein Wasserschoss, und kann das weg? – Fruchtkuchen, aber ohne Erdbeeren – Nerds mit Äpfeln heißen Pomologen – Was Pomologen machen, ist so speziell, dass sich nicht einmal mehr die Wikipedia auskennt (NEIN! Kein Link.) – Macht aber nichts, bei Wikisource gibt es die Pomologischen Monatshefte – Ich bin befremdet: Über Fruchtspieß und Ringelspieß weiß das heutige Internet praktisch nichts
[shownotes]
[podlove-web-player]
Mein liebster Satz in diesem Abschnitt ist dieser: "Aber das Entscheidende besteht nicht in der gewaltsamen Anpassung der Kronen deiner Bäume an das Idealbild, sondern in dem Befolgen des Grundsatzes, aus dem das Idealbild erwachsen ist." In meine Sprache übersetzt heißt das ungefähr: Sieh dir den den Baum an, den du hast, und mach´ das Beste draus. Das ist eine sehr vernünftige Haltung, nicht nur im Bezug auf Bäume. Ansonsten bedient sich Nebelthau teilweise eines sehr verstörenden Vokabulars, wenn er etwa von den Todeskandidaten unter den Ästen spricht, von Zweiggruppen, die zu Gestrüpp ausgeartet sind, oder wenn er über die Tugend an sich referiert. Das ist dem Streit über das Wort Unkraut vergleichbar, das man heute technisch korrekt als Beikraut oder Kulturpflanzenbegleiter bezeichnet. Alles Handwerkliche hat sich seit dem Erscheinen des Buches 1935 nicht verändert. Noch immer schneiden wir die Kronen so licht aus, wie es geht, entfernen Äste so glatt wie möglich und verarzten den Baum anschließend mit Baumwachs.
Shownotes:
Unkraut oder Beikraut – Obstbaumpflege heute: Erziehungs- und Verjüngungsschnitt – Baumschere – Hippe – Obstbaumsäge – Baumwachs
[shownotes]
[podlove-web-player]
Die Einleitung ist ähnlich der des Gemüsegartenbuches eher erzählerisch denn eine Gebrauchsanleitung für den Garten. Die Lektüre lohnt aus historischen Gründen. Wir finden hier ein sehr anschauliches Beispiel dafür, dass wir noch immer die gleichen Dinge tun, aber unser Verständnis der Dinge, die uns umgeben, ein anderes ist. Nebelthau beginnt mit der Geschichte des Kulturapfels. Dessen Heimat ist, wie heute angenommen wird, Asien. Seine Verbreitung verlief sehr wahrscheinlich über Handelswege. Umstritten ist, ob er auf Kreuzungen des Holzapfels, des Asiatischen Wildapfels oder des Kaukasusapfels mit anderen Sorten zurück geht. Die Kaukasusgeschichte, die Otto Nebelthau erzählt, ist aber jedenfalls sehr hübsch und nicht ganz falsch. Zutreffend ist auch, dass die Vermehrung von Apfelbäumen anders funktioniert als der Laie annimmt. Den Vorgang der Gehölzveredlung als "Wunsch nach immer höherer Vollkommenheit" zu beschreiben, dem "nie mehr eine Grenze gesetzt sei" - damit wären wir etwas zurückhaltender. Auch mit der Symbolkraft des Apfelbaumes arbeiten wir inzwischen sparsamer. Die biblischen Bilder können wir zwar noch verstehen, an ihre Stelle sind aber heute eher naturwissenschaftliche Aspekte getreten. Das letzte Bild, das Nebelthau zeichnet, ist wiederum überraschend. Er vergleicht das Leben eines Apfelbaumes mit dem eines Menschen. Aber macht euch keine Sorgen, weder wir noch unsere Apfelbäume sterben mit sechzig. Hundert Jahre sind drin. Mindestens!
Shownotes:
Das Wichtigste über Kulturäpfel, etwas weniger romanhaft zusammengefasst in der Wikipedia – Die ursprünglichen Sorten: Kaukasusapfel, Holzapfel, Asiatischer Wildapfel – Der Apfel als Symbol (Rechengeräte werden ausnahmsweise nicht berücksichtigt) – Über das Veredeln von Obstbäumen
[shownotes]