Wenn es im Schneetreiben verschwindet, wenn keiner mehr da ist und die, die doch da sind, drin bleiben: Dann ist Berlin am schönsten.
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Statt Land: Fluss. Der Volkspark Rehberge
Nur schnell einen Schluck Landschaft, dachten wir. Ein bißchen Weite zum Schweifen. Einmal durch´s Laub rennen, bevor der Berliner Premium-Herbst vorbei ist. Keine Zeit, die Stadt zu verlassen. Keine Lust, zuhause zu bleiben. Fluss wäre schön, Kanal ginge auch. Ein See vielleicht?
Der Volkspark Rehberge im Berliner Wedding ist wie der Stadtforst der nächstgelegenen Kleinstadt. Mittendrin stehen doppelt eingezäunt ein paar Mufflons und ein bißchen Federvieh, am Kanal wird geangelt und im Stadion läuft ein Bezirksligaspiel. Dazwischen sind Alleen mit Bäumen so hoch, dass kein Himmel mehr bleibt, wilde Wiesen und jede Menge Bänke. Die Kleingärten drum herum sind je nachdem, wie man selbst ist, entweder spießig oder eine Ansammlung lustiger Einfälle, weitgehend aber zwergenfrei.
Für die Ausflugsplanung:
Volkspark Rehberge
Windhuker Straße 52A
13351 Berlin
Bus 221 (Haltestellen: Transvaalstraße oder Otawistraße)
Berliner geht´s nicht.
Den Naturpark Südgelände, einen ehemaligen Rangierbahnhof in Berlin-Tempelhof, würde ich vorzeigen, wenn mich jemand fragt, wie Berlin ist. Mach halt was aus dem, was da ist. Berlin. Lass´ doch Gras drüber wachsen und sag´ Park dazu. Zwischen zwei Schienen passt immer noch eine Birke, die wachsen ja schnell. Berlin. Du hast ´ne olle Dampflok über und zum Wegschmeißen isse zu schwer? Mach´n Schild dran: Denkmal. Berlin. Weißte, es gibt im Grunde nichts, worin man nicht ein Café eröffnen könnte. In einer Brückenmeisterei? Na selbstverständlich! Stell schon mal die Stühle raus! Berlin. Wenn schon alles voller Graffiti ist, kannst du das Sprayen auch einfach erlauben. Das Südgelände ist alles, was ich an Berlin gut leiden kann. Es bemüht sich nicht im Geringsten um dich. Es ist einfach da. Es tut auch nicht, als wäre es etwas anderes als ein verwilderter Rangierbahnhof mitten in der Stadt, mit Krach rechts und Industrie links und Hagebutten dazwischen. Das ist erstaunlicher Weise sehr erholsam.
Für die Ausflugsplanung:
Prellerweg 47-49, 12157 Berlin
Haupteingang S-Priesterweg (S2, S25)
Eintritt 1,00 € (ab 14 Jahren)
Öffnungszeiten
Täglich ab 09.00 Uhr bis 16.00 Uhr (November bis Februar)
bis 18.00 Uhr (März und Oktober)
bis 20.00 Uhr (April und September)
bis 21.00 Uhr (Mai bis August)
Rezension: Berlin gärtnert
Als bester Garten-Reiseführer 2013 wurde das handliche Buch „Berlin gärtnert“ ausgezeichnet. Es ist überraschender Weise genau das: Ein Reiseführer durch einen großen Garten namens Berlin. Großstadtgrün als exotische lebende Wand, in Baumscheiben am Straßenrand, als Hausgarten im Innenhof, traditionell im Kleingarten am Bahngleis oder seit neuerem in Gemeinschaftsgärten – davon haben die meisten Berliner zumindest schon einmal gehört. Aber Weinanbau? Berliner Riesling? Streuobstwiesen zwischen Plattenbauten? Ich bewege mich aufmerksamer durch die Stadt, seitdem ich weiß, dass das alles da ist.
„Berlin gärtnert“ untersucht die Möglichkeiten zum Pflanzen in fünf unterschiedlichen räumlichen und rechtlichen Situationen. Da wäre zunächst die Gartenfreundin ohne Garten. Ihr bleiben der Balkon, das grüne Dach, der Hinterhof, der Vorgarten. Aber auch die Fassade könnte sie begrünen. Wilder Wein, Efeu, Blauregen oder Geißblatt sind gute Fassadenkletterer. Der Großstadtgärtner auf eigenem Grund hat meist ein Stück Land gepachtet, besitzt einen Hausgarten oder wohnt in einer Gartenstadtanlage. Das Stadtbild ist allerdings viel stärker durch alle diejenigen geprägt, die im öffentlichen Raum pflanzen und säen – manchmal am Rande der Legalität, manchmal gemeinnützig. Ein eigener Abschnitt ist dem gemeinsamen Gärtnern auf Stadtbrachen gewidmet. Wie groß so ein Garten wohl werden kann, wird im letzten Abschnitt überlegt. Eine Farm in der Stadt, ist das vorstellbar? Na klar! Wer bis hierhin gelesen hat, kann sich fast alles vorstellen.
Ganz nebenbei verschenkt „Berlin gärtnert“ unzählige nützliche Ideen, Hinweise und Fachwissen, nennt Links und Ansprechpartner und trägt zusammen, was benötigt wird, um sofort mit der Begrünung der Stadt anzufangen. Oder weiterzumachen. Oder herauszufinden, was das ist, das da wächst. Auch darauf ist Berlin vorbereitet. Die Bücherei des Deutschen Gartenbaues e.V. beispielsweise wird von der Technischen Universität verwaltet und ist öffentlich zugänglich. In ihrem Bestand befinden sich einige der schönsten illustrierten Bücher über Obstbäume, die mir je begegnet sind. Es ist ein Schatzkästchen von Buch, das die Herausgeberin Jana Kotte da zusammen getragen hat. Für Entdecker.
Berlin gärtnert – Kübel, Beet und Samenbombe
Jana Kotte (Hrsg.)
Edition Terra 2012
14,80 €