Im Hof vor meinem Küchenfenster stehen ein Apfel- und ein Birnenbaum. Wenn ich das Fenster auf oder zu mache oder einfach nur daran vorbei laufe, sehe ich Obst, das keiner haben will. Die Äpfel sind klein und säuerlich, die Birnen sind erst hart und grün, dann gelb und mehlig. Zwischen gelb und grün sind sie auch mal kurz süß und saftig. Diesen Moment abzupassen, gelingt aber fast nie. Gutes Kompott-Obst, aber wer isst denn heute noch Kompott? Saft, dachte ich. Man müsste Saft daraus machen. Wie schwer kann das sein?
Alle Gebrauchsanleitungen, die ich im Netz gefunden habe, schienen davon auszugehen, man besäße eine Streuobstwiese und wolle sich mit der Produktion von Apfelsaft selbstständig machen. Einen Dampfentsafter, eine Saftpresse, ein 175-Liter-Fass – sowas habe ich nicht. Will ich auch nicht. Oder jedenfalls nicht, bevor ich einen Landsitz mit Großküche mein eigen nenne. Ich habe nicht mal einen Schnellkochtopf. Was ich aber habe, ist eine Facebookgruppe, die ganz erstaunliche Dinge weiß.
„Äpfel und Birnen schneiden, Gehäuse raus, mit etwas Wasser weich kochen. Durch ein Tuch seihen. Schraubglasflaschen bereitstellen, den Saft erhitzen, heiss einfüllen, zudrehen – fertig.“
Das war die präzise Antwort, die ich fünf Minuten nach Fragestellung bekam. Das klang machbar, selbst für mich. Die Schalen dürfen dran bleiben, hieß es. Dadurch ist die Schnippelei überschaubar, und mit ihr der Zeitaufwand.
Für eine kleine Menge Obst, die mal eben weg muss, ist das ein völlig praktikables Verfahren. Unter „klein“ verstehe ich etwa 5-10 Kilo Äpfel und Birnen, oder was in euren größten vorhandenen Kochtopf passt. Bei der Obstmischung gilt es zu bedenken, das Birnen im Vergleich zu Äpfeln ein geradezu geschmackloses Obst sind. Sie gleichen aber die Säure der Äpfel ganz gut aus. Man braucht sehr viel weniger Wasser als man glaubt, und Zucker ist überhaupt nicht nötig. Weil die Küche nun schon mal klebrig war, habe ich noch Traubensaft gemacht. Eigene Ernte und keine Südseite – dem wiederum hätte etwas Zucker wohl nicht geschadet.
Für Liebhaber ist der Teil des Experiments, bei dem die Pampe durch das Tuch gequetscht wird. Das ist wie mit beiden Händen in warmes Apfelmus fassen. Widerstehlich. Zum Abfüllen habe ich eine Karaffe benutzt, und bei den Flaschen habe ich mich für welche mit Bügelverschluss entschieden. Das war das teuerste an der ganzen Saftherstellung. Die sind dafür mehrfach verwendbar, wenn man sie nicht verschenkt oder verbummelt.
Ein Entsafter wird wahrscheinlich trotzdem eines Tages fällig, weil die Vitamine bei der Kocherei alle kaputt gehen. Der kalt gepresste Saft wird dann „nur“ pasteurisiert, also auf 72 Grad erhitzt. Weil kein Wasser dazu kommt, dürfte das aromatischer sein.